Landwirtschaft


Trotz des umwälzenden Strukturwandels in der Landwirtschaft ist Eßfeld auch heute noch ein von der Landwirtschaft geprägtes Dorf. Die fruchtbaren Lößböden des Ochsenfurter Gaues waren seit den ersten menschlichen Ansiedlungen in diesem Gebiet Grundlage für reiche Ernten und damit verbunden eine wohlhabende Bauernbevölkerung. Nicht ohne Grund wurden die Eßfelder Bauern als „Gaugrafen“ bezeichnet. 

Die Gaulandschaft liegt ca. 300 m über dem Meer, im Jahresmittel fallen nur ca. 600 mm Niederschläge. Trotz der Lage im Regenschatten von Odenwald und Spessart herrscht im Ochsenfurter Gau ein günstiges Klima für die Landwirtschaft, da durch die geschützte Lage eine für Bayern lange Vegetationszeit mit entsprechend höheren Temperaturen gewährleistet ist. Das geringe Wasserangebot als ertragsbegrenzender Faktor wird durch die hohe Speicherfähigkeit des Lößbodens aufgewogen. Der Löß wurde nach der letzten Eiszeit angeweht und liegt teilweise einige Meter hoch auf der Formation des unteren Keuper. 

Die fruchtbaren Böden sind der eigentliche Reichtum des Gebietes. Die Bodengüte erreicht hier Werte von 35 (max. = 38), eine Bodenqualität, wie sie sonst nur noch in einigen wenigen Gebieten in Deutschland vorkommt. Ein Bericht von 1861 über den Ochsenfurter Gau gibt zur Bodengüte in Eßfeld an: „. . . am besten in Eßfeld, wo viele Äcker der 23 und 24 Bcl (Bonitätsclasse) zu getheilt sind.“ Damals wurde bei der Einteilung noch ein anderer Maßstab verwendet. Auch heute, im Zeichen ständig fallender Preise der landwirtschaftlichen Erzeugnisse, ermöglichen die günstigen Voraussetzungen der Gaufläche noch ein relativ effizientes Wirtschaften. Aus diesem Grunde hat sich der Strukturwandel im Ochsenfurter Gau weniger stark ausgewirkt. 

Die deutsche Landwirtschaft ist seit der Mitte des 19. Jahrhunderts von rasch wachsender Produktivität gekennzeichnet. Damit wurde nicht nur die Selbstversorgung gesichert, sondern bei manchen Produkten ein Überschuß erzielt. Diese Produktionssteigerung beruht auf einer Reihe durchschlagender technischer Entwicklungen, weitere Faktoren sind die Züchtung ertragreicherer Tiere und Pflanzen sowie wirksame Pflanzenschutz- und Düngemittel. Durch diese Neuentwicklungen sowie den Einsatz von immer leistungsfähigeren Spezialmaschinen wuchs die Flächen- und Arbeitsproduktivität entscheidend. Diese zunehmende Rationalisierung wurde durch die Abwanderung von Arbeitskräften in andere Berufszweige, vor allem die Industrie, nötig. Auch in Eßfeld läßt sich dieser Prozeß verfolgen.

 

Das Diagramm zeigt das Verhältnis der Beschäftigtenzahl in Eßfeld in den Wirtschaftsbereichen Landwirtschaft, Produzierendes Gewerbe/Industrie, andere Bereiche (Handel, Verkehr, Dienstleistungen). Die Daten stammen aus den Statistischen Jahrbüchern von 1950 und 1970. Aktuellere Daten sind wegen der Gebietsreform über die Gemeinde Eßfeld nicht zu erhalten. Man sieht, daß der Anteil der in der Landwirtschaft Beschäftigten prozentual erheblich abgenommen hat. Dieser Trend hat sich bis heute fortgesetzt. Trotz des deutlichen Rückganges gibt es gegenüber dem Bundesdurchschnitt (1990), nachdem nur noch 3,8 Prozent der deutschen Arbeitnehmer in der Landwirtschaft tätig sind, im Gaudorf Eßfeld noch relativ viele Beschäftigte in diesem Wirtschaftssektor(1).


Beschäftigte in den verschiedenen Wirtschaftsbereichen

Mit der Abnahme der in der Landwirtschaft Beschäftigten verband sich ein weiterer Wandlungsprozeß der Nachkriegszeit, der rasche Rückgang der Betriebszahl. Während vor dem Krieg praktisch jeder Eßfelder Bürger wenigstens eine kleine landwirtschaftliche Fläche zumindest im Nebenerwerb bewirtschaftete, verteilt sich die landwirtschaftlich genutzte Fläche von Eßfeld 2000 auf 27 Landwirte, die diese im Haupt- oder Nebenerwerb bebauen. 

Nach dem Schatzungsbuch von 1710 gab es damals 80 landwirtschaftliche Betriebe. Das Maximum wurde im 19. Jahrhundert erreicht. Die Einwohnerkataster von 1826 und 1853 geben jeweils noch 91 Anwesen mit landwirtschaftlicher Fläche an. Die Anzahl hat sich also in den letzten 100 Jahren auf ein Drittel reduziert. Dabei fällt der größte Rückgang auf die beiden Jahrzehnte nach Kriegsende. 

Die Entwicklung der Betriebszahl soll das Diagramm ganz oben darstellen. Die Daten für 1710 und 1800 stammen aus Schatzungsbüchern, 1826 und 1853 sind, wie erwähnt, aus dem Einwohnerkataster, Daten von 1949, 1971, 1982 und 1987 aus den jeweiligen Statistischen Jahrbüchern, der aktuellste Wert wurde geschätzt.

Verbunden mit dem Rückgang der Betriebszahlen war die Verschiebung der Betriebsgrößenstruktur. Die durchschnittliche Betriebsgröße wuchs an, außerdem fällt die starke Abnahme der Kleinbetriebe unter 10 Hektar auf. Die Zahl der größeren Betriebe stieg dagegen wegen der höheren Rentabilität an. Es gibt heute auch Betriebe mit weit über 50 Hektar in Eßfeld, während dies vor dem Krieg nicht der Fall war. 

Die oben angeführten Diagramme sollen die Veränderungen in der Betriebsgrößenstruktur in Eßfeld verdeutlichen. Sie zeigen die Verteilung der Betriebsgrößen in den Jahren 1710 (Schatzungsbuch), 1853 (Daten aus Kataster), 1949 und 1971 (Daten aus entsprechenden Statistischen Jahrbüchern), 1995 (geschätzt). Man sieht, daß es einen Trend zu immer größeren Wirtschaftsflächen gibt. Die meisten Betriebe haben heute in Eßfeld zwischen 20 und 50 Hektar. 

Nur die Vergrößerung der Wirtschaftsfläche ermöglicht heute noch einen ökonomischen Betrieb, da dadurch der rationelle Einsatz von arbeitskraftsparenden Maschinen ermöglicht wird. 

Die Größe der Betriebe beeinflußt auch ihre Erwerbsfunktion, d. h. die Aufgliederung nach Voll-, Zu- und Nebenerwerbsbetrieben. Der Anteil der Vollerwerbsbetriebe ist in den letzten Jahren gesunken, der der Nebenerwerbsbetriebe gestiegen. Besonders die Besitzer von Klein- und Mittelbetrieben gaben in den letzten Jahren die Landwirtschaft als Hauptberuf mangels Rentabilität auf, arbeiten seitdem in einem anderen Berufszweig und betreiben die Landwirtschaft nur noch im Nebenerwerb. 

Auch diese Entwicklung soll anhand eines Diagrammes dargestellt werden. Leider sind die ersten genauen Daten aus diesem Jahrhundert erst von 1978, in den Statistischen Jahrbüchern der Vorjahre wurde nicht zwischen Voll- und Nebenerwerb unterschieden. Dagegen ist durch den Einwohnerkataster von 1826 eine Aussage über die Zeit vor der Jahrhundertwende möglich, da sowohl die einzelnen Betriebe als auch die Hauptberufe der Besitzer angegeben sind. Da nicht immer eindeutige Aussagen möglich waren, mußte in Einzelfällen der Kataster von 1853 zur Ergänzung verwendet werden. Im Diagramm oben sind Neben- (>50 Prozent aus nichtlandw. Arbeit) und Zuerwerbsbetriebe (<50 Prozent aus nichtlandw. Arbeit) zusammengefaßt.


(1) nach: SICK, W.D.: Agrargeographie, S. 185ff.