Der Dreißigjährige Krieg (1618-48)


Dieser furchtbare Krieg, in dessen Verlauf halb Europa verwüstet wurde, entstand aus den religiösen Gegensätzen in Deutschland und dem politischen Widerstand der Reichsstände gegen den habsburgischen Absolutismus. Franken war zunächst kein Kriegsschauplatz, aber wegen seiner Lage ständiges Durchzugsgebiet. Alle Heere, kaiserliche oder feindliche, belasteten die Bevölkerung mit Abgaben und Plünderungen, schlimmstenfalls mit Vergewaltigungen und Mord.

Über die Vorgänge in Eßfeld während des Dreißigjährigen Krieges gibt es keine genauen Angaben, es sind auch keine Gemeinderechnungen aus dieser Zeit erhalten. Einige Hinweise können dem Tagebuch des Schulmeisters Gerlach, der zu dieser Zeit Lehrer in Albertshausen war, entnommen werden(1). Vereinzelt geben auch die Eßfelder Pfarrmatrikel Auskunft.

Wenn auch genaue Angaben darüber fehlen, so waren während des Krieges in Eßfeld wie auch in anderen Gemeinden ständig irgendwelche Soldaten einquartiert. Da Eßfeld an der Straße nach Ochsenfurt lag und auch der Weg nach Würzburg durch Eßfeld führte, zogen immer wieder Scharen von Soldaten der unterschiedlichen Kriegsparteien durch.

Nach der Eroberung der Würzburger Festung waren auch Schweden in Eßfeld einquartiert, denn am 19. September 1632 läßt laut Pfarrmatrikeln die Tochter des Wirtes Johann Kellermann ein „Kindlein auf die Schweden taufen“. Anscheinend verhielten sich die Schweden als Besatzer in Eßfeld anfangs einigermaßen ruhig und anständig, denn der damalige Pfarrer Reichard kommentierte in einer Notiz die angebliche Vaterschaft des schwedischen Soldaten mit den Worten „Sollen es denn die Soldaten alle gethan haben, die doch fromme Leute.“

Die Schweden kommen auch in einer Geschichte vor, die meine Urgroßmutter erzählte und die seit Generationen überliefert worden war. Demnach waren im Anwesen Nr. 94 (Breunig Alfons), aus dem meine Urgroßmutter stammte, schwedische Soldaten einquartiert. Aus Angst vor Plünderungen hatte der damalige Hofbesitzer die Fässer mit Wein und andere Vorräte unter dem Stroh in der Scheune versteckt. Die Suche der Soldaten nach dem Beutegut blieb erfolglos, am Abend legten sie sich in der Scheune aufs Stroh zur Ruhe, ohne zu wissen, daß das Gesuchte direkt unter ihnen lag.

Aber auch Eßfeld blieb nicht vor Plünderungen verschont. Schulmeister Gerlach schrieb: „14. November (1636) 20 Reitter nach Fuchsstadt kommen, übel umgegangen, viel Geld erpresset und am 20. November nach Eßfeld weiter. Dort ebenfalls Leute geplaget“. Ein Bericht über die Traubenernte 1639 gibt an, daß streifende Kriegshorden die Früchte geraubt und die Weinberge verwüstet hätten.

Am Garten von Richard Raps stand früher ein alter Bildstock. An diesen soll ein Bauer von den Schweden angebunden und mit dem Ochsenziemer (getrockneter Ochsenschwanz) ausgepeitscht worden sein.

Im Gegensatz zu den umliegenden Gemeinden scheint Eßfeld jedoch recht glimpflich davongekommen zu sein, es galt gegenüber den Nachbarorten als relativ sicher. Nach Schulmeister Gerlach flohen die Albertshäuser Bürger im Februar 1637 nach Eßfeld, ebenso am 5. September des gleichen Jahres.

Am 30. Oktober 1639 lagen 600 Reiter in Rottenbauer, aus Furcht flohen wieder alle Bürger nach Eßfeld und Heidingsfeld, ebenso am 9. Oktober 1640 und am 23. Januar 1644.

Am 6. November 1645 flüchteten Albertshäuser und Uengershäuser Bürger zusammen mit ihrem Vieh nach Eßfeld. Warum gerade in Eßfeld Zuflucht gesucht wurde, ist nicht nachvollziehbar.

Möglicherweise war das gute Verhältnis, das der damalige Pfarrer Jodocus Hauck mit dem Befehlshaber der einquartierten „Grabaten“, dem Obristwachtmeister Petrus Herwag von Leskovecz, ein Grund dafür. Pfarrer Hauck rühmte sich nämlich 1641 „daß alle aufrichtige catholische Bürger zu Eßfeldt Zeugnis geben, . . . daß ich vil schwerer Ungelegenheiten von ihnen, meinem Vermögen nach, abgewendet, ja solche Ungelegenheiten, dabey sich homicida, Mort und sogar auch Ausplünderung deß Dorfs entstanden were“.

Er berichtete, daß er vom Obristwachtmeister „zu Gast geladen worden, und da er kürtzlich von Ingolstatt abgewichen, und mit den Seinigen durch Eßfeldt verreißet, er mich durch die Burger hett grüßen lassen, das sie mit seinet wegen vil tausend guter Nacht sagen solln, und zu den Burgern gesagt: Ihr habt einen ehrlichen, guten und aufrichtigen Herrn Pater“. 

Dieses Lob aus dem Mund eines damaligen Reiteroffiziers wird sich allerdings mehr auf den guten Gesellschafter als auf den Pfarrer bezogen haben, den andere Quellen werfen kein gutes Licht auf Pfr. Hauck.

So berichtet der protestantische Pfarrer Baldermann von Giebelstadt, daß Pfr. Hauck „mit gemeinen Leuten, als auch Soldaten, reiße, beiße und schmeiße“, ferner, daß er am Weihnachtsfest sich „mit einem Tragöner zu Eßfeldt und mit einem Soldaten zu Ingolstadt geschlagen habe“.

Pfarrer Hauck revanchierte sich für diese Bezichtigungen, indem er Pfr. Baldermann auf dem Weg zwischen Goßmannsdorf und Darstadt auflauerte, ihn überfiel und mißhandelte. Verständlich, daß die Gemeinde Eßfeld nachdrücklich nach einem neuen Geistlichen verlangte.

So beschwerten sich die Eßfelder am 9. Mai 1650, „weil er in der Trunkenheit mit dem Schultheißen allda sehr verunreinigt“ und nochmals am 13. 9. 1651, als „Pfarrer J. Hauck abermals wegen seines Saufens und Schmähens verklagt worden“ ist.

Vertreter der Pfarrgemeinde führten aus: „War uns doch unmöglich, lenger bey ihme zu verbleiben, noch ihnen zu gedulten, da wir nuhn bereits in die 14 Jahr lang mit ihme so grausames Ellent ausgestanden, uf seine Besser- und Endterung verhofft, aber alles bößer und ärgerlicher hergehen thut, daß sich Gott darüber erbarmen mögte.“ Deshalb baten sie: „Ihnen einen anderen, frommen, exemplarischen Priester zu schicken“, da sie mit ihrem „landtbekanten unexemplarischen Pfarrer durchaus nicht mehr wissen auszukommen, er auch in seinem zänkischen, ärgerlichen Leben und Wandel noch und immerdar forthschreitet und zunimbth(2)“. Dem Wunsch wurde schließlich im Februar 1652 entsprochen.

 

Die Wirren des Krieges brachten auch wechselnde konfessionelle Zugehörigkeiten in den verschiedenen Dörfern mit sich. Der katholische Pfarrer Reichard von Eßfeld mußte auf Befehl des Bischofs auch die evangelischen Orte Albertshausen und Fuchsstadt mitversehen. Während die Haltung der Albertshäuser Bürger gegenüber dem Pfarrer geteilt war, wurde er in Fuchsstadt mit offener Feindseligkeit empfangen und verjagt(3).

 

Auch die folgenden Jahre brachten viel Verwirrung in den Pfarreien, so konnten die Leute in diesen schweren Zeiten nicht einmal auf die Hilfe der Kirche bauen. Es wurden Repressalien gegen Protestanten eingeführt, am 19. Oktober 1639 wurde den katholischen Müllern von Eßfeld, Heidingsfeld, Darstadt und Goßmannsdorf verboten, für „Lutherische“ zu mahlen. Den Heidingsfelder Bäckern wurde verboten, ihre Wecken an Protestanten zu verkaufen(4). Dies alles waren Maßnahmen, die an den Terror gegen Juden während der NS-Zeit erinnern.

Ein Gegner der protestantischen Lehre wird von Schulmeister Gerlach namentlich genannt und angeprangert: Stefan Fries, der 1634 in Eßfeld starb, habe „viel lutherische Bücher genommen und die Öfen im Schlosse zu Rottenbauer damit geheizt“.

Fries starb zusammen mit weiteren 106 Eßfelder Bürgern an der Pest, bereits 1629 hatte der Schwarze Tod 31 Einwohner hingerafft. Insgesamt erlag etwa ein Viertel der Dorfbevölkerung der Seuche, ganze Familien starben aus, Häuser standen leer, Felder wurden nicht mehr bebaut. Dennoch hatte Eßfeld noch Glück im Vergleich zu anderen Ortschaften, die fast oder ganz ausstarben.

Beim Bau der heutigen Pfarrkirche wurde auf der Höhe des heutigen Hochaltars ein Massengrab entdeckt, in dem die Pesttoten begraben wurden. Die Leichen lagen kreuz und quer übereinander. Einer der Toten soll ein Glasauge gehabt haben, ein Zeichen für großen Wohlstand, der aber schließlich auch nicht vor der Pest schützen konnte.

Der Totengräber soll laut Überlieferung zur Pestzeit die Taschen voll Knoblauch gehabt haben, um sich vor Ansteckung zu schützen.

1634 eroberten kaiserliche Truppen Stadt und Umgebung von Würzburg, 1635 zogen die schwedischen Besatzer aus der Festung ab.

Die bereits durch den Krieg schwer in Mitleidenschaft gezogenen Felder wurden am 14. Juli 1636 durch einen schweren Hagelschlag verwüstet. Den Hagelbrocken fielen der Weidenmüller Wolfgang Kemmerer und seine Frau zum Opfer, sie wurden auf dem Weg nach Winterhausen erschlagen(5).

Auch die nächsten Jahre brachten wieder Durchzüge und Einquartierungen, Plünderungen und Gefahr für Leib und Leben, bis endlich 1648 zu Münster und Osnabrück der Frieden geschlossen wurde.

Die Schrecken des Krieges drückt ein Gedicht aus:

„Die Schweden sind kommen,

haben alles genommen,

haben Fenster eingschmissen,

haben's Blei rausgerissen,

haben Kugeln gegossen

und die Bauern erschossen“.

Auch das folgende Gedicht hat sich bis heute erhalten:

„Bet, Kindlein bet!

Morgen kommt der Schwed,

morgen kommt der Ochsenstern,

der wird den Kindleins beten lehrn“.

(Oxenstierna, schwed. Staatsmann, Reichskanzler Gustav Adolfs)

 

 


1) ZIMMERMANN, H.: Das Tagebuch des Schulmeisters Gerlach in Albertshausen
(2) Archiv d. historischen Vereins von Unterfranken u. Aschaffenburg, Bd. 68, S. 36ff
(3) ZIMMERMANN, H.: Das Tagebuch des Schulmeisters Gerlach in Albertshausen
(4) ebd.
(5) AMRHEIN, A.: Geschichte des Pfarrdorfes Eßfeld, S.116ff.