Die Lehrerwohnung


Die erste überlieferte Lehrerwohnung befand sich zusammen mit dem Schulsaal im Kirchhofstor. Lehrzimmer und Lehrerwohnung lagen im oberen Stockwerk. Nach verschiedenen Umbaumaßnahmen wurde schließlich 1799 ein neues Gebäude gebaut, zunächst wieder als Schul- und Lehrerwohnhaus.

Über die Wasserversorgung des Lehrers berichtet eine Notiz in den Akten der Gemeindeverwaltung aus dem Jahre 1808. Das Lehrerwohnhaus besaß keinen eigenen Brunnen, der Lehrer mußte damals das Wasser bei seinem Nachbarn Adam Frieß (heute Geßner) holen. Die Gemeinde ließ auf eigene Rechnung den Brunnen in Frießens Hof zu einem Pumpbrunnen umbauen, dieser versprach dafür "einen beständigen freien Zu- und Ausgang zu gestatten, um auf ewig das Wasser aus dessen Bronnen für den Industriegarten, zur Nothdurft des Schullehrers schöpfen . . . zu lassen".

Wegen baulicher Mängel und Platznot wurde die Schule 1820 ins hiesige Rathaus verlegt, so daß der Lehrer das gesamte Gebäude als Wohnung für sich und seine Familie nutzen konnte.

Dieses Haus Nr. 16 wurde 1934 an Martin Beusch sen. verkauft. Von diesem kam es an seine Tochter Maria. Die zugehörige Scheune wurde von seinem Sohn Martin zum Wohnhaus umgebaut. Später kaufte kaufte das Haus Kurt Schmitt, der es schließlich wieder an die Gemeinde verkaufte. 1992 wurde das Haus von der Gemeinde abgerissen. Das Häuschen, das bis zu dessen Tod von Martin Beusch bewohnt wurde und heute vermietet ist, war ursprünglich eine zum Haus gehörende Scheune mit Stall.

Das Lehrerwohnhaus stand je zur Hälfte auf Gemeinde- und Kirchenbesitz, woraus deutlich wird, daß der Lehrer früher sowohl im Dienste der Kirche als auch der Gemeinde stand. Im folgenden sind Grundrisse(1) der einzelnen Stockwerke angeführt, die über die Nutzung Auskunft geben. Der Plan wurde von Maurermeister Graf 1876 gezeichnet. Das alte Lehrerwohnhaus hatte im Erdgeschoß am Flurende die Küche. Von dort aus ging es in einem Raum, wo früher der Backofen stand. Rechts vom Eingang war ein Holzlager, vorne links ein Wohnzimmer, hinten ein Nebenzimmer. An der rechten vorderen Hausecke war die Abtrittsgrube, verbunden mit der Toilette im Holzlager. Im ersten Stock befanden sich vier Zimmer und ein Vorplatz. Im Dachgeschoß gab es ein weiteres Holzlager, daneben einen Nutzraum. Das Haus besaß außerdem einen gewölbten Keller.

Der Situationsplan(1) des Maurermeisters Graf von 1876 zeigt die Lage der alten Lehrerwohnung sowie die umgebenden Gebäude und Grundstücke. Interessant ist, daß auch der Friedhof in seiner alten Form sowie die alte Kirche abgebildet sind.

Buchstabe "a" bezeichnet den Industriegarten, "b" den Baumgarten des Lehrers, abgegrenzt durch einen "Feldpfad". Dieser Garten mit dem Flurnamen "Grabengarten" oder "Grabenacker" auf der Westseite des Friedhofes war 1806 von Albert Breunig gestiftet worden. Der Ertrag des Ackers sollte der Schulstiftung zufließen; dafür mußte jährlich eine Messe für den Stifter gelesen werden. Bei der Erweiterung des Friedhofes wurde auch dieser Garten verwendet.

Die Gemeinde löste die Stiftung ab und ließ künftig auf Gemeindekosten die Messe lesen(2). Buchstabe "c" bezeichnet den Gemüsegarten des Lehrers.

Nördlich der Kirche liegt das Lehrerwohnhaus aus dem zusammengebauten Wohn- (d) und Nebengebäude (e). Davor liegt ein Hofraum zur Kirchgasse hin. Die Scheune des Nachbarn Pfeuffer (f) liegt nördlich, dessen Garten (g) westlich. In diesem Garten stand früher ein Wohnhaus. Buchstabe "h" steht für das Wohnhaus von Breunig, "i" für das Haus von Frieß; beide stehen heute nicht mehr. Das Grundstück ist heute Garten von Siegmund Wachter.

Die Wohnverhältnisse in der alten Lehrerwohnung gaben oft Anlaß zu Beschwerden. 1933 kaufte die Gemeinde das 1931 von Pfeuffer erbaute rote Sandsteinhaus Nr. 33. Pfeuffer, von Beruf Friseur, war nach Amerika ausgewandert und später wieder nach Eßfeld zurückgekehrt, um hier seinen Ruhestand zu verleben. Nach Hitlers Machtergreifung ging er zurück nach Amerika, angeblich, weil ihm wegen kritischer Äußerungen über das NS-Regime Verfolgung drohte bzw. aus Angst vor dem drohenden Krieg. Das Gebäude sollte als neue Lehrerwohnung dienen. Anfangs war sogar geplant, einen Schulsaal dort einzurichten, weil die Platzverhältnisse im Rathaus zu eng geworden waren. Der Kaufpreis betrug 16 500 Reichsmark(3). Als letzter Eßfelder Lehrer wohnte dort Philipp Nun, bis er sich in der Siedlung ein neues Haus baute.

Nachdem in Eßfeld 1946 eine zweite Schulstelle im Rathaus eingerichtet worden war, zog die Gemeindeverwaltung in das Gebäude. Das Zimmer rechts nach dem Eingang diente als Gemeindesaal.

Zur Zeit hat der TSV 75 Eßfeld die ehemalige Lehrerwohnung und Rathaus in Pacht. Nach der Eingemeindung und dem damit verbundenen Verlust des Rathauses wurde das Haus dem Sportverein in Erbpacht für 99 Jahre zur Nutzung überlassen. Im ehemaligen Bürgermeisterzimmer befindet sich heute das Sportlerheim. Im Keller wurden Duschen und Umkleideräume installiert.


(1) STAATSARCHIV WÜRZBURG, Reg. Abg. 1943/45, Sign. 14379
(2) Protokollbuch der Gemeinde Eßfeld, 15. Oktober 1932
(3) Protokollbuch der Gemeinde Eßfeld, 13. Dezember 1933